Reerdigung – ein neuer Trend im hohen Norden?
Bei dieser besonderen Form der Körperbestattung wird der Körper des Verstorbenen zunächst in einem mit Mikroorganismen versetzten und mit pflanzlichem Material befüllten Kokon aus Edelstahl gebettet. Die Organismen zersetzen den Körper in einem computergesteuerten Prozess innerhalb von 40 Tagen fast vollständig. Die so entstehende humusartige Erde wird dann anschließend in einem Grab beigesetzt. Verbleibende größere Knochenfragmente werden wie bei einer Kremation in einer Knochenmühle zermahlen, metallene Prothesen aussortiert.
Pröpstin Frauke Eiben führt dazu aus: „Die Reerdigung ist eine natürliche ökologische Transformation des Körpers. Sie knüpft an unsere Bestattungsformel an „Von der Erde bist du genommen. Zu Erde wirst Du werden. Aus der Erde wirst Du auferstehen zum ewigen Leben“. Reerdigung entspricht vollständig dem christlichen Verständnis des ewigen Lebens, das von einer Auferstehung nach dem Tod ausgeht.“ Da es sich um einen beschleunigten, letztlich aber natürlichen Verwesungsprozess handelt, gibt es keine religiösen oder juristischen Bedenken bei der Landeskirche. Die dortige juristische Referentin Dagmar Bethmann äußerte sich im Rahmen der jüngsten Speyerer Tage zum Friedhofs- und Bestattungsrecht dahingehend: „So können wir vielleicht wieder mehr Erdbestattungen auf unsere Friedhöfe bringen, denn durch die Zunahme der Urnenbestattungen ist der traditionelle Friedhof auch finanziell bedroht.“
Was also nicht geht, ist die Beisetzung des Verwesungsergebnisses auf privatem Grund und Boden. Dass das Ganze aber überhaupt geht, liegt unter anderem daran, dass bei Abfassung der Bestattungsgesetze in Schleswig-Holstein und Niedersachsen niemand an eine solche Möglichkeit gedacht hat und etwa Niedersachsen auch die Gefriertrocknungsbestattung zulässt – so jedenfalls die Expertise des Bestattungsrechtlers Professor Torsten F. Barthel. Auf dessen Gutachten stützen sich bei dem Pilotprojekt der Reerdigung sowohl die Landeskirche Nord wie auch der Betreiber des Alvarium genannten Edelstahlkokons. Circulum Vitae mit Sitz in Berlin sieht sich als Pionier dieser neuartigen Form der Erdbestattung in Europa und wirbt mit vergleichbaren Kosten wie bei einer Feuerbestattung. Ein solches Unternehmen würde man eher bei unseren Nachbarn in Holland erwarten, aber dort rät der Gesundheitsrat von der Humankompostierung aus ökologischen Gründen ab – vielleicht würde deren Zulassung aber auch das erfolgreiche Geschäftsmodell der dortigen Krematorien stören.
Und wie sieht es in Amerika aus? Während im Staat Washington die Reerdigung zulässig ist, liegt ein vergleichbares Gesetzesprojekt in der Bundeshauptstadt Washington „auf Eis“. Man darf jedenfalls gespannt sein, ob sich hier eine neue Bestattungsform etabliert.
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