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11. Hessischer Bestattertag und Messe PAX

Information, Austausch und Unterhaltung – der 11. Hessische Bestattertag und die 3. Hessische Messe für Bestattungskultur PAX luden Fachwelt und Öffentlichkeit ein und machten die Messe Gießen für zwei Tage zum Mittelpunkt der Bestattungsbranche.

Grußworte hielten Dietlind Grabe-Bolz, Oberbürgermeisterin der Universitätsstadt Gießen und Dr. Wolfgang Dippel, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Beide betonten, wie bedeutsam es sei, dass die Themen Sterben, Tod und Trauer hinaus aus der Tabu-Zone müssten. Ein Bestattertag – gerade in Verbindung mit einer Messe wie der PAX, die auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist, seien gute Möglichkeiten, damit sich die Bevölkerung informieren könne, was genau ein Bestatter mache und welche Dienstleistungen er anbiete.

Kostenlose Bestattung: machbar oder nicht?

Inhaltlich beschäftigte sich der Hessische Bestattertag schwerpunktmäßig mit den Kosten einer Bestattung. Bei der Podiumsdiskussion mit dem Titel „Endet die öffentliche Daseinsvorsorge vor den Friedhofsmauern?“ diskutierten hochkarätige Gäste über kostenlose Bestattung als kommunale Daseinsvorsorge. Rolf Steinmann, Leiter des Bestattungs- und Friedhofamts der Stadt Zürich, berichtete von seinen Erfahrungen aus der Schweiz, wo es unterschiedliche Systeme gebe. Trotz Unterschieden im Detail seien notwendige Dienstleistungen, Sarg und Grabstelle immer enthalten. Jedem Bürger stehe es darüber hinaus frei, auf eigene Kosten mehr als das Standardpaket zu beauftragen. In Zürich selbst werden alle Einwohner kostenlos bestattet und das schon seit mehr als 125 Jahren. Dieses System koste die Stadt etwa 15 Franken pro Person und Jahr. „Uns sind aber nicht nur die Lebenden, sondern auch die Toten etwas wert“, so Steinmann. für Kultur werde aber weitaus mehr ausgegeben als für das Bestattungswesen.

Diese Schweizer Lösung stieß auf Zustimmung unter den Diskutanten. Christoph Keldenich, Vorsitzender der Verbraucherinitiative Aeternitas e.V., forderte, dass es auch in Deutschland unabhängig von Einkommen oder Vermögen kostenlose Bestattungen geben solle oder zumindest einen staatlichen Zuschuss von „2000 oder 3000 Euro“. Auch wenn er die Schwierigkeiten der Finanzierung sehe, sei eine kostenlose Bestattung ein Zeichen für eine solidarische Gesellschaft, die nicht mit dem Tod endet.

Ähnlich sah dies auch der Bruder Paulus Terwitte. „Wenn ein Mensch stirbt, stirbt ein Teil der Welt“, erklärte der Frankfurter Kapuzinermönch und argumentierte, dass deswegen auch die Gemeinschaft in der Pflicht sei, einen Menschen zu bestatten, insbesondere wenn die Angehörigen überfordert seien oder es sogar keine gebe. Der Friedhof sei laut Bruder Paulus „nicht nur für die Toten da, sondern auch für die Überlebenden als Ort und Möglichkeit zu trauern“ und auch als ein Symbol für unsere Kultur, denn „da wo Gräber sind, da haben Menschen gelebt.“

Diedrich Backhaus, Direktor Hessischer Städte- und Gemeindebund, fand zwar den Gedanken interessant, allerdings sagte er, dass die Kostenfrage entscheidend sei. Die Städte und Gemeinden hätten viele Pflichtaufgaben und litten auch heute schon an den hohen Kosten, die sie für die Instandhaltung der Friedhöfe zahlen müssen und unter der geringeren Nachfrage , da viele Menschen inzwischen andere Formen der Bestattung wie Baumbestattungen oder Seebestattungen außerhalb der öffentlichen Friedhöfe wählten.

Hermann Hubing, Geschäftsführer von hessenBestatter, entgegnete, dass es ausreichend Geld gebe, es aber eine Frage der Prioritäten sei, für was man dieses ausgebe. Das Problem sei vor allem, dass die Toten keine Lobby hätten. Auch die unterschiedlichen Formen der Bestattung solle man akzeptieren, so Hubing. Die günstigeren Feuer-, See oder anonymen Bestattungen dürften nur nicht aus finanziellem Zwang geschehen, damit eine Bestattung nicht zur „Entsorgung“ werde. „Jeder hat das Recht auf eine würdevolle Bestattung – und zwar unabhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten“, fasste Hubing die Ergebnisse der Diskussion zusammen.

 

Urne to go?

Im weiteren Verlauf des Hessischen Bestattertags ging Prof. Dr. Tade Spranger von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität  Bonn in seinem Vortrag  „Urne to go?“ auf das Spannungsverhältnis des Bestatters zwischen Kundenwünschen und Rechtsnormen ein. Außerdem referierte Willi P. Heuse, Bestatter und Spezialist für die ganzheitliche Beratung von Bestattungsunternehmen aus Weiterstadt, zum Thema „Erfolgreiche Preisgestaltung – So schaffen Sie es, Angehörige besser zu betreuen und Ihren Gewinn dauerhaft zu steigern.“

 

 

Bestatter können feiern!

Am Freitagabend waren die die Teilnehmer des Hessischen Bestattertages und die Aussteller zu einem kollegialen Gedankenaustausch bei einem hessischen Spezialitätenbuffet und stimmungsvoller Unterhaltung eingeladen. Mentalmagier Markus Heyer sorgte mit seinen mentalmagischen Experimenten für Verblüffung beim Publikum. Sängerin Jennifer Braun, bekannt aus der Sendung „Unser Star für Oslo“, gelang es den Gästen gemeinsam mit ihrer Band musikalisch einzuheizen.

 

Aussteller finden Kontakt zu Bestattern und zur Öffentlichkeit

Während die Messe PAX als eine Plattform für alle Anbieter von Produkten und Dienstleistungen der Branche am Freitag dem Fachpublikum vorbehalten war, um bestehende Kontakte zu pflegen und neue zu knüpfen sowie sich über Innovationen, technische Neuheiten und Entwicklungen der Branche zu informieren, wurde die Messe am Samstag auch für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

 

Käßmann: Den Tod darf man nicht verdrängen!

Ein Höhepunkt der PAX war das Referat von Prof. Dr. Margot Käßmann, der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden und aktuellen Botschafterin der EKD für das Reformationsjahr 2017. Käßmann ermutigte dazu, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen und die Sterblichkeit nicht zu verdrängen. Anhand von Zitaten stellte sie dar, dass dies auch Luther so getan habe und es auch ihm wichtig war, dass sich Menschen auf den Tod vorbereiten. Übertragen auf die heutige Zeit appellierte Käßmann, dass man mit seinen Angehörigen auch vermeintlich schwierige Aspekte wie Patientenverfügung oder Organentnahme besprechen solle.

Die Theologin betonte die Bedeutung von Friedhöfen als Stätten des Erinnerns und Orte, um Frieden zu finden. „Ein Gang über den Friedhof ist wichtig für unsere Kultur. Wir brauchen ihn aber auch, um nachzudenken über Leben und Sterben“, so Käßmann. Wenig Verständnis habe sie für anonyme Bestattungen oder Abschiednahme „in aller Stille“. Es sei nicht nur für die Angehörigen wichtig, sich von einem geliebten Menschen zu verabschieden, sondern ebenso für die Gesellschaft an sich, Nachbarn, Kollegen oder Bekannte. Auch den inzwischen häufiger in Todesanzeigen zu lesenden Wunsch am Grab „von Beileidsbekundungen abzusehen“, sehe sie kritisch, da genau diese Rituale in Ausnahmesituationen helfen.

Abschließend appellierte Käßmann, zu verinnerlichen, dass Schmerz und Tod zum Leben gehören und fand einen nachdenkenswerten letzten Satz „Wenn wir endlos leben könnten, wäre das Leben nicht mehr so kostbar.“

 

Diskussion: Was darf eine Bestattung kosten?

Nachmittags diskutierten Willi P. Heuse, DIB-Beiratsvorsitzender und Bestatter aus Weiterstadt, Christoph Keldenich, Vorsitzender Verbraucherinitiative Aeternitas, Karl Heinz Damm, Landesinnungsmeister des Hessischen Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks, Stefan Friedel, Geschäftsführer des Hessischen Gärtnereiverbandes e.V. und Gerda Weigel-Greilich, Bürgermeisterin Universitätsstadt Gießen, unter dem Titel  „Nichts ist kostenlos – nicht mal der Tod“  darüber, was eine würdevolle Bestattung kosten darf.

Aeternitas-Vorsitzender Keldenich beklagte, dass es für viele Menschen immer schwerer werde, die Bestattungen für Angehörige zu bezahlen, zudem steigen die Preise kontinuierlich. Die Zahl der Sozialbestattungen liege bei 27.000 mit der Tendenz nach oben. Viele Menschen entschieden sich oft aus Kostengründen für die günstigere Urnenbestattung, das lasse sich vor allem seit der Streichung des Sterbegeldes beobachten.

Bürgermeisterin Weigel-Greilich erklärte für Gießen, dass etwa 30 % der Menschen Probleme mit der Finanzierung der Bestattung hätten, der Rest habe diese nicht. Es sei also auch bei vielen eine Frage der Prioritätensetzung. Zumindest in Gießen sei auch bei einer Sozialbestattung die Erdbestattung möglich. Aus Sicht der Städte und Gemeinden sei es vor allem wichtig, die Friedhofsgebühren möglichst kostendeckend zu kalkulieren, aber selbst dann seien immer noch ca. 30 % nicht gebührenfinanziert, da die Kommunen noch die Pflege der Grünflächen übernehmen, so Weigel-Greilich.

Laut Steinmetzmeister Damm stehen auch die Steinmetze unter Kostendruck, was sich auf das Gewerk erheblich auswirke. „Es gibt fast keine gestalterischen Betriebe mehr, die meisten sind reine Grabmalbetriebe, nur etwa 20 % arbeiten noch kreativ“, stellte Damm fest. Er wünschte sich eine bessere Zusammenarbeit mit den Kommunen und dass die Politik die betreffenden Handwerksberufe und Dienstleister in Entscheidungen mit einbezieht, die Friedhöfe betreffen.

Den Wandel in der Bestattungskultur spüren auch die Friedhofsgärtner. Die Vielzahl an Urnengräbern, Familiengrabstätten und Baumbestattungen führen zu weniger oder geringeren Aufträgen. Friedel schlug vor, dass man Produkte transparenter darstellt und mehr sogenannte „All-inclusive“-Pakete anbiete, die es den Menschen einfacher machen.

Bestatter Heuse monierte, dass die Bestattungskultur vielen nichts mehr wert sei. Außerdem hätten viele Vorurteile, dass ohnehin alles zu teuer sei. Hier müsse man als Bestatter deutlich machen, welche Leistungen zu einer Bestattung gehören. Pauschalpreise lehnte Heuse ab, da man Bestattungen nicht einfach so vergleichen könne. Heuse prognostizierte, dass sich der Markt auch weiterhin sehr verändern werde und schlug vor, dass Vertreter aller Gewerke gemeinsam Konzepte entwickeln müssten, um den Kunden Gesamtlösungen anbieten zu können.

 

Nach dieser spannenden Diskussion beendete Veranstalter Hubing die PAX: „Es ist insgesamt erfolgreich verlaufen, die Veranstaltung ist zu recht ein Höhepunkt im Terminkalender der Branche.“