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Corona, das beherrschende Thema

Die zwölfte Ausgabe der erfolgreich eingeführten Speyerer Tage zum Friedhofs- und Bestattungsrecht fand Corona-bedingt am 10. September im ungewohnten Format eines webbasierten Seminars statt. Immerhin gut 70 Teilnehmer hatten sich angemeldet und erhielten einen Überblick über aktuelle Fragen und Entscheidungen in diesem Rechtsgebiet und insbesondere zu den Zusammenhängen zwischen Bestattungs- und Infektionsschutzrecht.

Letzterem Thema widmete sich Professor Dr. Stephan Rixen von der Universität Bayreuth. Er wies unter Verweis auf § 12 Durchführungsverordnung des Bestattungsgesetzes Berlin darauf hin, dass es auch ohne Corona schon Beispiele für infektionsschutzrelevantes Bestattungsrecht gab, nämlich im Hinblick auf die einzuhaltende Hygiene bei der Versorgung Verstorbener. Das Bestattungsrecht stellt sich ohnehin als eine besondere Materie des Gefahrenabwehrsrechts dar und hat naheliegender Weise schon an sich einen hohen Bezug zum Infektionsschutzrecht, bei dem es letztlich darum geht, auch beim bloßen Verdacht einer Gefahr entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Umgekehrt stellen die diversen Corona-Rechtsverordnungen in einzelnen Paragrafen bestattungsrelevantes Infektionsschutzrecht dar. Rixen kritisierte hier die ungenauen Vorgaben der anfänglichen Allgemeinverfügungen, aber auch der späteren Rechtsverordnungen. Beispielhaft nannte er hier die Definition des Personenkreises, der an Bestattungsfeiern noch teilnehmen durfte. Hier ging es zwischen den Ländern munter hin und her zwischen der Formulierung engster oder engerer Familienkreis. Auch war vielfach nicht geklärt, ob zu der jeweils einschlägigen Personenzahl (5, 10 oder 20) Bestatter, Pfarrer oder Trauerredner hinzugezählt werden durften. Sachsen-Anhalt war hier erfreulich deutlich, indem die vorgenannten Personen ausdrücklich zusätzlich teilnehmen durften. Rixen merkte an, dass die Gerichte anfänglich sehr großzügig darin waren, den Verordnungsgebern einen Einschätzungsspielraum einzuräumen. Dies war vor allem auch dem geschuldet, dass die Situation einzigartig und anfangs von einer gewissen Hektik und Unübersichtlichkeit geprägt war. Sukzessive gab es dann Lockerungen, ohne dass die Begrifflichkeiten wirklich geklärt waren.

Dies gilt insbesondere für solche Begriffe wie Verantwortlicher, Verpflichteter oder Veranstaltungsleiter. Ausführlich definiert wurde der Begriff Veranstaltung in der Coronaverordnung in Brandenburg. Dort wird bestimmt, dass die Erfüllung der Verpflichtungen auch auf Dritte übertragen werden kann. Insoweit, so Rixen, biete es sich an, mangels anderweitiger Zusammenhänge den Bestattungspflichtigen auch als Verantwortlichen für die Einhaltung der Corona-Vorschriften anzusehen. Rixen hob hervor, dass in keinem Fall der Bestatter als Verantwortlicher gelten könne, etwa für die Einhaltung der Hygieneregeln oder das Führen der sogenannten Corona-Listen. Wenn dem Bestatter entsprechende Aufgaben vom Bestattungspflichtigen übertragen würden, stelle dies einen besonderen zusätzlichen und damit vergütungspflichtigen Aufwand dar.

In der anschließenden Diskussion stellte Professor Ulrich Stelkens, der Initiator der Speyerer Tage, in den Raum, ob nicht auch die Friedhofsverwaltung als Verantwortlicher gelten müsse. Nur diese habe es in der Hand, auf dem jeweiligen Friedhof zum Beispiel Desinfektionsmittel vorzuhalten oder Anordnung im Rahmen der Friedhofssatzung zu treffen. Eine spontane Umfrage unter den virtuellen Teilnehmern an der Tagung bestätigte, dass die kommunalen Friedhofsträger und auch die Kirchen (für Gottesdienste) überwiegend eigene Hygienekonzepte entwickelt haben. Letztlich haben auf einem Friedhof auch nur die Friedhofsträger das Hausrecht und damit die Möglichkeit, vor Ort die Hygieneregeln durchzusetzen. Allerdings berichteten alle Teilnehmer übereinstimmend, dass eine regelrechte Durchsetzung der Hygienebestimmungen nirgendwo notwendig war.

Nach der Mittagspause befasste sich Professor Dr. Dr. Tade M. Spranger aus Bonn mit den neuesten einschlägigen Urteilen. So hat das Landgericht Bonn entschieden, dass das Bestimmungsrecht für den Beisetzungsort dem zukommt, der auch nach dem Landesbestattungsgesetz die Beisetzungsart bestimmen darf.

In einem Urteil von 2020 hat das Landessozialgericht Hamburg es abgelehnt, wenn Sozialbehörden die Zumutbarkeit der Kostenübernahme einer Bestattung allein damit begründen, dass sich der Berechtigte mehr als sechs Monate für den Antrag Zeit gelassen hatte. Das Gesetz kennt keine Frist für die Antragstellung und das Zeitmoment darf allenfalls im Rahmen der Gesamtwürdigung eine Rolle spielen. Der entscheidende Zeitpunkt für die Zumutbarkeit ist der Moment der Behördenentscheidung unter der Voraussetzung, dass die bei der betreffenden Bestattung anfallenden Rechnungen auch tatsächlich fällig sind.

Das Verwaltungsgericht Augsburg urteilte in einem anderen Fall, dass Geschäftsunfähige grundsätzlich nicht bestattungspflichtig sein können. Für den Bestatter sollte diese Erkenntnis auch eine Selbstverständlichkeit sein, weil der von einem Geschäftsunfähigen erteilte Bestattungsauftrag unwirksam ist - mit entsprechender Auswirkung auf die Zahlung des Werklohns.

Spranger ging auch auf verschiedene neuere Urteile zum Friedhofsrecht ein: So darf eine Friedhofssatzung eine Umbettung nicht für die gesamte Ruhezeit ausschließlich an das Vorliegen dringender öffentlicher Interessen knüpfen. Umgekehrt ist es jedoch im Rahmen der sogenannten Anstaltsautonomie zulässig, wenn eine neue Friedhofssatzung die zuvor von der alten Friedensordnung gewährte Verlängerung der Nutzungsdauer an einer Grabstätte wieder verkürzt.

Es ist eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung von Bestattern mit eigener Trauerhalle und damit ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, wenn beliebte Bestattungszeiten auf dem öffentlichen Friedhof an die Nutzung der friedhofseigenen öffentlichen Trauerhalle gebunden werden – so das VG Magdeburg, Urt. v. 27.02.2020, Az.: 9 A 180/18.

Abschließend stellte Spranger im Zusammenhang mit einem einschlägigen Urteil des Verwaltungsgerichtes Karlsruhe die Frage, ob es überhaupt einen rechtlich tragfähigen Grund gibt für die in Deutschland übliche Sargpflicht und ob es demzufolge für die sarglose Bestattung eines religiös begründeten Ausnahmerechts bedürfe.

Alles in allem war die virtuelle Ausgabe der Speyerer Veranstaltung wieder sehr anregend. Allerdings ist nicht nur angesichts der einen oder anderen technischen Unzulänglichkeit doch zu hoffen, dass die nächste und dann 13. Ausgabe nochmals als Präsenzveranstaltung stattfinden kann.