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Fachveranstaltung Bestattende Schreiner 2022

Gut besuchte Fachveranstaltung mit spannenden Themen und regem Erfahrungsaustausch

Der Vorsitzende der Fachgruppe Bestattende Schreiner, Herr Peter Steinel, freute sich, aus den Reihen der Fachgruppe Bestattende Schreiner insgesamt 30 Kolleginnen und Kollegen zur Jahresfachveranstaltung 2022 begrüßen zu dürfen. Einen namentlichen Willkommensgruß richtete er an die Referenten der Veranstaltung, Matthias Kopp, Lebens- und Trauerbegleiter in Stuttgart sowie Jochen, Sandra und Patrick Lutz, Geschäftsführer und leitende Mitarbeiter des Krematoriums Am Waldfriedhof in Schwäbisch Hall. Im Mittelpunkt der Tagung standen die Fachvorträge der Referenten, die mit großem Interesse aufgenommen und rege diskutiert wurden. Hierauf wurden verschiedene interne Themen besprochen sowie ein reger Erfahrungsaustausch geführt. Am Ende waren sich alle einig, bei der nächstjährigen Fachveranstaltung am 15.11.2023, ebenfalls wiederum im Seminarhotel des Branchenzentrums Ausbau und Fassade in Rutesheim, mit von der Partie zu sein.

Trauer – ein Weg ins Leben

Matthias Kopp, Lebens- und Trauerbegleiter in Stuttgart, hielt einen viel beachteten, umfassenden Vortrag zum Thema Trauer. Er ging zunächst auf die möglichen Trauerobjekte bzw. Traueranlässe ein, analysierte die Einflussfaktoren auf die „Tiefe“ der Trauer sowie die teilweise erheblichen psychosomatischen Folgen, da Trauer nichts Anderes als intensiven Stress bedeutet. Er zeigte auf, dass mit der Trauer vielfach eine Destabilisierung der Persönlichkeit einhergeht und die Identität neu definiert werden muss. Ausführlich befasste sich Herr Kopp mit den vielfältigen Trauerreaktionen auf allen Ebenen, der körperlichen und der sozialen Ebene, dem Bereich Arbeit und Leistung, der materiellen sowie der spirituellen Ebene. Er machte deutlich, dass die Trauer sozusagen ein Blumenstrauß an teilweise widersprechenden Gefühlen mit vielen Ausdrucksweisen und einem Auf und Ab der Gefühlslagen ist. Alles in allem erfasst die Trauer den ganzen Menschen im psychosomatischen Bereich und prägt und zeichnet ihn. Da die Trauer individuell und für jeden Menschen einzigartig ist, schlägt sich dies auch in der Trauerzeit nieder und in dem ganz unterschiedlichen Bedarf, was Trauernde an Unterstützung brauchen und wie man mit ihnen umgehen und helfen kann. Ausführlich analysierte Herr Kopp, wie eine hilfreiche Unterstützung in den unterschiedlichen Lebensbereichen aussehen kann.

Entwicklungen in der Bestattungsbranche

Frau Sandra Lutz, die gemeinsam mit ihrem Mann Jochen Lutz die Geschäftsführung des Krematoriums Am Waldfriedhof innehat, gab zunächst einen Überblick über den Wandel in der Bestattungsbranche. Die Bestattungskosten sind im Lauf der Jahre kontinuierlich gestiegen und belaufen sich derzeit durchschnittlich auf rund 13.000 Euro, wobei die Bandbreite von ca. 4.000 Euro bis ca. 24.000 Euro reicht. Der Betriebsbestand im Bestattungsgewerbe ist in den letzten 2 Jahrzehnten um etwa 20 Prozent gestiegen auf ca. 5.500. Die Zahl der Beschäftigten in den Bestattungsinstituten beläuft sich auf rund 27.000. Der Jahresumsatz der Branche ist von 2010 bis 2020 deutlich gestiegen von rund 1,55 Milliarden Euro auf ca. 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2020. Stark rückläufig hat sich dagegen die Zahl der inländischen Sargherstellerentwickelt; derzeit gibt es noch 15 mittelständische Betriebe, die etwa 200.000 Särge herstellen. Der Großteil der Särge, also rund 750.000, werden vorwiegend aus dem osteuropäischen Ausland importiert. Stark gewandelt haben sich die Bestattungsarten; die Urnenbestattung macht heutzutage mit fast 80 Prozent den Großteil der Bestattungen aus. Herr Jochen Lutz berichtet sodann über Aktuelles zur Feuerbestattung. Er geht hier ausführlich auf die VDI-Richtlinie 3891 ein, die sich mit der Emissionsminderung für die Humankrematorien befasst. Diese betrifft sowohl den Sarg und die Sargausstattung als auch dekorative Beigaben und körperfremde Gegenstände am Leichnam. Des Weiteren kommen in nächster Zeit im Zuge der 27. BimSch-Verordnung auch Vorgaben zur Reduzierung des Co²-Ausstosses. Nicht zuletzt aufgrund aktuell stark gestiegener Energiepreise für Gas und Strom laufen Testanlagen, die eine deutliche Energiereduzierung ermöglichen. Bedauerlicherweise seien Krematorien nicht als systemrelevant anerkannt und könnten bei Energieabschaltungen betroffen sein. Die Energiekrise werde in jedem Falle dazu führen, dass die gestiegenen Kosten in steigenden Preisen für Feuerbestattungen weitergegeben werden. Herr Patrick Lutz, leitender Angestellter im Krematorium Schwäbisch Hall, geht sodann auf die sogenannte Humankompostierung / Reerdigung ein. Hierbei handelt es sich um eine Unterform der Erdbestattung, bei der eine natürliche Transformation organischer Materie zu fruchtbarem Humus erfolgt. Erste Modellprojekte starteten bereits in Deutschland. Der menschliche Körper wird dabei innerhalb von rund 40 Tagen mithilfe von Mikroorganismen in fruchtbare Erde umgewandelt. Schließlich geht Herr Lutz noch auf eine Weltneuheit ein, die Lavation, d.h., die Zersetzung eines Körpers unter Zugabe von Wasser. Die Lavation werde in den Vereinigten Staaten und auch in den Niederlanden bereits angewandt; in Deutschland sei diese Bestattungsart noch nicht genehmigt. Ein Vorteil der Lavation liege in deutlich geringeren Kosten gegenüber der Feuerbestattung.

Resolution des Landesfachverbandes zur dauerhaften Sicherung des Bestattungsgewerbes im Schreinerhandwerk

Herr Dr. Heß und Herr Ehrler erläutern den in der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 15.09.2022 einhellig verabschiedeten Antrag des Landesfachverbandes an den Bundesverband, sich dafür einzusetzen, dass das Bestattungswesen auch zukünftig ohne weiteren Qualifikationsnachweis von Betrieben des Schreinerhandwerks ausgeübt werden kann. Dieser Antrag sei aus Sicht Baden-Württembergs notwendig, um die derzeitige Beschlusslage beim Bundesverband mit der Forderung, das Bestattungsgewerbe aus der Anlage B1 in die Anlage A der Handwerksordnung HWO zu überführen, zu ändern. Es könne nicht angehen, dass die eigene Berufsorganisation sich dafür stark mache, den Betrieben einen wichtigen Geschäftsbereich wegzunehmen. Damit würde hunderten von Schreinerbetrieben bundesweit ein wichtiges Standbein genommen und viele existenziell bedroht. Herr Steinel berichtet, dass es im Rahmen einer Online-Sitzung der Bundesfachgruppe Bestatter am 15.11.2022 gelungen sei, eine Mehrheit der Anwesenden mit 7 zu 4 Stimmen für den Antrag aus Baden-Württemberg zu gewinnen. Damit sei die bisherige Beschlusslage in der Bundesfachgruppe Bestatter gekippt worden, was eine wichtige Vorentscheidung für die Behandlung des Themas auf der anstehenden Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Ende November 2022 bedeute. Die Befürworter einer Vermeisterung hätten als Argument die Sicherstellung der Qualität im Bestattungsgewerbe und damit einer verpflichtenden Qualifikation vorgebracht. Dies sei seines Erachtens falsch, da sich grundsätzlich kein Betrieb ohne eine entsprechende Qualität und Leistung auf dem Markt halten könne. Gegen eine Qualifizierung spreche von daher überhaupt nichts, ganz im Gegenteil; entscheidend sei jedoch, dass die Qualifizierung auf freiwilliger Grundlage geschehe und nicht wie bei einer Vermeisterung eine Zwangshürde eingeführt werde. Nach intensiver Diskussion stimmt die Fachveranstaltung einhellig dem Antrag zu. Eine Vermeisterung, die einem Großteil der Bestattenden Schreiner das Bestattungsgewerbe entziehen würde, müsse verhindert werden. Ebenso sind sich alle Teilnehmer darin einig, dass eine Qualifizierung der Betriebe auf freiwilliger Grundlage sinnvoll ist und seitens der Fachgruppe unterstützt werden sollte. In diesem Zusammenhang wird gewünscht, Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote, auch und gerade des Deutschen Instituts für Bestattungskultur (DIB), zu bewerben und falls möglich, auch hierzulande anzubieten. Herr Dr. Heß weist in diesem Zusammenhang auch auf die Fortbildung des saarländischen Schwesterverbandes hin, einem insgesamt 200-stündigen Lehrgang zum „Fachgeprüften Bestatter“. Der Kurs bestehe aus einem fachpraktischen Teil mit hygienischer Totenversorgung und einem fachtheoretischen Teil mit verschiedenen Lernfeldern und den rechtlichen Zusammenhängen im Bestattungswesen. Die Schulung ziele darauf, in kompakter Form zu vermitteln, was ansonsten in 10- bis 20-jähriger Berufserfahrung gelernt werde. Herr Dr. Heß weist sodann auf die im Oktober gestartete Umfrage in der Fachgruppe Bestattende Schreiner hin, deren Ergebnisse genutzt werden sollen, zum einen, um die Interessenvertretung der Fachgruppe besser wahrnehmen zu können, zum anderen, um das Leistungsangebot gezielter auf die Wünsche der Mitglieder auszurichten. Er appelliert an die Versammlung, sofern noch nicht geschehen, sich an der Umfrage zu beteiligen. Die Fachveranstaltung schließt mit einem Erfahrungsaustausch über verschiedene zukünftige neue Dienstleistungsangebote, wie etwa dem digitalen Nachlass.

Bildnachweis: Bestatter Ba-Wü