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Keine Frist mehr für Anträge auf Sozialbestattung?

Zwiespältiges Urteil des Sozialgerichtes Stade

In der Tagespresse hat das Urteil des Sozialgerichtes Stade vom 22.1.2015 (AZ S 33 SO 31/14) für ein beachtliches Echo gesorgt. Danach soll es keine Frist mehr geben, innerhalb derer Sozialbestattungen beantragt werden müssen.

Liest man sich die Entscheidung des Gerichtes durch, wird man sehr schnell feststellen, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt und es das Gericht für durchaus möglich hält, dass die Antragstellung bei einer Sozialbestattung schon nach ein oder zwei Monaten verfristet ist. Das Gesetz sieht allerdings in § 74 SGB XII keine besondere Frist vor.

Im konkreten Fall ging es um die Kosten des Bestatters in Höhe von 2293,96 €. Der Betrag fiel für die Bestattung des Ehemanns der Antragstellerin im August 2012 an. Ein förmlicher Antrag auf Sozialbestattung stellte die Antragstellerin, die unter Betreuung ihrer Tochter steht, zunächst nicht. Schließlich verklagte das Bestattungsunternehmen die Antragstellerin auf Zahlung. Erst als das zivilgerichtliche Verfahren anhängig wurde, kam es im November 2013 zu einem Antrag auf Übernahme der Kosten der Bestattung. Das Sozialamt lehnte den Antrag ab.

Das Sozialgericht hat nun dem Antrag stattgegeben, allerdings nur in Höhe der reinen Bestattungskosten und nicht in Höhe der Kosten, die dem Bestattungsunternehmen für den Mahnbescheid und das Klageverfahren anheimfielen. Hierzu ist das Sozialgericht der Auffassung, dass es sich nicht um unzumutbare Kosten handelt. Vielmehr wären diese Beträge leicht vermeidbar gewesen. Die Antragstellerin hätte lediglich gegenüber dem Bestattungsunternehmen die Forderung anerkennen müssen, die zweifellos bestand.

Das Sozialgericht nimmt Bezug auf ein Urteil des Landessozialgerichtes Schleswig-Holstein, das bei einer verspäteten Antragstellung eine Verwirkung angenommen hatte aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Rechtssicherheit. Hier war es jedoch ausnahmsweise so, dass die Klägerin auch 13 Monate nach dem Bestattungsfall noch bedürftig war und die Rechnung des Bestattungsunternehmens offen stand. Eine Kostentragung sei demzufolge zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht weniger unzumutbar gewesen als zuvor.

Richtigerweise stellt das Gericht fest, dass aus der späten Antragstellung nicht schematisch abgeleitet werden kann, dass allein wegen des Zeitablaufs die Kostentragung nicht mehr zumutbar ist. Zumal der Anspruch gemäß § 74 SGB XII nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht fristgebunden ist. Wieso dann anschließend das Sozialgericht zur Auffassung gelangt, ein Antrag nach § 74 SGB XII müsse grundsätzlich innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens gestellt werden, erschließt sich beim besten Willen nicht. Wenn das Gesetz keine Frist vorsieht, kann man auch nicht eine Verwirkung konstruieren. Die Sozialämter und mit ihnen offensichtlich ein Großteil der Sozialgerichte verdrehen hier den Zusammenhang zwischen Regel und Ausnahme. Die Regel muss sein, dass ein Antrag auf Sozialbestattung so lange gestellt werden kann, wie die Übernahme der Kosten unzumutbar ist. Nur ausnahmsweise kann eine verspätete Antragstellung ein Indiz dafür sein, dass eine Unzumutbarkeit nicht mehr vorliegt. Wenn aber nach wie vor Bedürftigkeit gegeben ist und Rechnungen der Bestatter und anderer Beteiligter wie Krematorien und Friedhofsämtern offen stehen, darf ein Sozialamt einen Antrag auf Sozialbestattung nicht ablehnen. Es bleibt abzuwarten, wie der Fall nun in der Berufung entschieden wird.

Hinzu kommt noch die offene Frage, welche Zeitabläufe eigentlich dem Bestatter zumutbar sind. Im vorliegenden Fall wird der Bestatter wohl auf Dauer auf den Prozesskosten sitzen bleiben. Zugleich stellt sich aber auch die Problematik der Verzugszinsen. Hierüber hat sich das Sozialgericht Stade ausgeschwiegen. Die Verzugszinsen sind selbstverständlich für den Auftraggeber einer Bestattung, der dann später einen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten beim Sozialamt stellt, nicht vermeidbar, weil der Gläubiger Anspruch auf die Verzugszinsen aufgrund Gesetzes hat. Demzufolge müsste der Verzugsschaden in Form der Verzugszinsen auch Gegenstand der Kosten der Sozialbestattung sein, wenn das Sozialamt verspätet oder erst gar nach gerichtlichem Urteil die Kosten erstattet.