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Keine Werbung auf dem Friedhof

Die Meinungen gehen auseinander: Wo der eine sich nichts dabei denkt, fühlt sich der andere belästigt. So sehr, dass er vor Gericht zieht: Ist Werbung auf dem Friedhof per se unzulässig? Stellt Werbung dort unlauteren Wettbewerb dar? Zwei Bestatter aus Berchtesgaden trugen ihren Streit darüber nun vor dem Oberlandesgericht in München aus. Stein des Anstoßes: ein weißes Oberhemd mit dem Namensschriftzug des Bestatters auf dem Hemdkragen.

Ein solches trugen der Chef und sein Mitarbeiter bei einer Beerdigung, was den Konkurrenten zu einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung motivierte. Das „volle Programm“ mit Unterlassungserklärung und einer Vertragsstrafe für den Wiederholungsfall wollte der erste Bestatter aber nicht akzeptieren.

Das OLG folgte jedoch dem Konkurrenten und bezog sich in seiner Begründung ganz wesentlich auf die örtlich einschlägige Friedhofssatzung. Dort ist die Rede davon, dass sich Besucher entsprechend der Würde des Friedhofes zu verhalten haben und untersagt Reklame jeglicher Art. Darum handelt es sich aber laut OLG beim Namensschriftzug auf dem Hemdkragen. Der diene ja gerade dazu, die Trauernden sich an den Bestatter erinnern zu lassen, um vielleicht später diesen ihrerseits zu beauftragen - vor allem, wenn der Bestattungshelfer das Kondukt der Trauergemeinde mit einem Kreuz und eben dem Hemdkragen anführt. Solche Werbung stört die Trauernden in ihrer Andacht. Sie verschafft dem Bestatter einen unzulässigen Vorteil über den satzungskonform handelnden Konkurrenten.

Ob man das immer so sehen muss, dürfte aber zweifelhaft sein. Es kommt vielmehr immer auf den konkreten Einzelfall an. Zur Werbehandlung selbst muss immer noch eine Rechtsnorm hinzutreten, die die konkrete Werbehandlung verbietet. Eine solche Verbotsnorm liefern die Friedhofssatzungen. Allerdings sind diese nicht immer gleich abgefasst. Unter der Überschrift „Verhalten auf dem Friedhof“ wird formuliert, was alles nicht gestattet ist. Die Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindetages führt dazu aus:

Auf den Friedhöfen ist insbesondere nicht gestattet,

a) die Wege mit Fahrzeugen aller Art und Sportgeräten (z. B. Rollschuhen, Inlineskater), ausgenommen Kinderwagen und Rollstühle, zu befahren,

b) der Verkauf von Waren aller Art, insbesondere Kränze und Blumen, sowie das Anbieten von Dienstleistungen,

c) an Sonn- und Feiertagen oder in der Nähe einer Bestattung Arbeiten auszuführen,

d) die Erstellung und Verwertung von Film-, Ton-, Video –und Fotoaufnahmen, außer zu privaten

Zwecken,

e) Druckschriften zu verteilen,

Hingegen heißt es in der Friedhofssatzung von Saarbrücken:

(3) Auf den Friedhöfen ist insbesondere nicht gestattet:

b) Waren aller Art, insbesondere Kränze und Blumen sowie gewerbliche Dienste anzubieten,

e) Druckschriften zu verteilen sowie Werbung jeglicher Art,

 

oder bei der Stadt München

e) Waren aller Art oder gewerbliche Dienste anzubieten, Druckschriften zu verteilen oder irgendwelche Werbung zu betreiben;

 

Die Formulierungsunterschiede zeigen deutlich, dass das Anbieten von Dienstleistungen nicht identisch ist mit Werbung gleich welcher Art und Werbung nicht allein dadurch verboten ist, dass man sich auf einem Friedhof angemessen zu verhalten hat. Im Falle einer ausdrücklich restriktiven Satzung sind aber eben tatsächlich Hemdkragen mit Firmenaufschrift, Aufkleber auf Grabsteinen, Kugelschreiber und Kondolenzbücher mit Firmenschriftzug oder Grabaushubcontainer oder Gießkannen auf dem Friedhof mit großflächigen Werbeaufdrucken für Bestatter und Steinmetze tabu.

Wirklich? Selbst dann kommt es auf die Werbehandlung selbst an und vor allem auf die Praxis in der Gemeinde. Geht diese etwa nicht entsprechend ihrer eigenen Satzung gegen die werbenden Bestatter vor und etabliert sich eine andere Übung, kann kaum von einem Wettbewerbsverstoß gesprochen werden. Es wird zudem immer eine gewisse zulässige Grauzone bleiben etwa bei dem besagten Firmenaufdruck auf Kugelschreibern oder Kondolenzbüchern.

Die gerne zitierte Reichsgerichtsrechtsprechung und Kommentarstelle (Baumach/Hefermehl)

Vor dem Ernst des Todes haben alle dem Gewinnstreben dienenden Wettbewerbshandlungen halt zu machen, mögen sie auch sonst im geschäftlichen Verkehr noch erlaubt sein

wurde mittlerweile übersetzt in die allgemein gehaltene Formel, dass Trauernde eine angemessene und pietätsvolle Bestattung erleben wollen ohne Reklame. Dennoch kommt es dabei sehr genau auf den zeitlichen und räumlichen Zusammenhang an. Das muss dann nicht so weit gehen wie in Bad Oldesloe. Dort warb gegenüber dem Friedhof eine Firma mit dem Slogan „Die besten Plätze der Stadt“ - allerdings ohne Bezug zum Bestattungswesen.

Was aber als Verbotsnorm überhaupt nicht taugt, sind vermeintliche Standesauffassung im Bestattungsgewerbe. Sie haben keinen Normcharakter und sind nur relevant, falls sie sich mit allgemeinen sittlichen Vorstellungen der Bürger decken. Solange Werbung zweischneidig ist, wird allzu aggressives oder aufdringliches Auftreten im Zusammenhang mit Bestattungen auch weiterhin zwei Reaktionen der beworbenen potentiellen Kundschaft hervorrufen: Der eine wird sich positiv erinnern und der andere wird sich denken, dass er diesen Bestatter gerade wegen seiner auffälligen Werbung niemals nehmen wird. Und das ist Werbung ganz ohne Wettbewerbsschranken.